Die Frage: Welche Bedeutung haben eigentlich Gerichtsurteile, wie vom OLG Celle und warum antworten Anwälte so häufig „Das kommt darauf an!“
Um diese Frage zu beantworten, schauen wir uns zwei Ebenen an:
- Die sichere Ebene
- Die unsichere Ebene
Schauen wir uns 1) Die sichere Ebene an:
Es gibt tatsächlich nur sehr wenige gerichtliche Entscheidungen und Urteile, die das Fernunterrichtsschutzgesetz von 1976 mit der Online-(Coaching-)Kurswelt von heute verbindet.
In den vergangenen Jahren mehren sich jedoch die Klagen, da unzufriedene Kunden (natürlich) versuchen ihr Geld zurück zu bekommen. Mit der Entscheidung des OLG Celle wurde erstmals seit langer Zeit die ZFU-Karte „ins Spiel gebracht“ und bestätigt.
Im Verkaufsgespräch wurden als Kurs-Inhalt erwähnt:
- Sprechstunden
- WhatsApp-Support, in dem Fragen gestellt werden können
- Zugang zu der Akademie mit
- Videos
- Dokumenten
- Checklisten
- Prüfungen
Innerhalb der Verhandlungen wurden dann die „Prüfungen“ reduziert auf „Dokumente und Checklisten“, aber „keine individuellen Prüfungsaufgaben“.
Das OLG Celle entschied daraufhin: „Individuelle Prüfungsaufgaben [sind] nicht Voraussetzung für eine Überwachung des Lernerfolgs. Vielmehr reicht die – hier angebotene – Möglichkeit zur Rücksprache aus“, um eine Überwachung des Lernerfolgs zu gewährleisten.
Unsere Interpretation zu 1) Die sichere Ebene:
Es sind nicht zwingend „Prüfungen“, die für die Überwachung des Lernerfolgs vorkommen müssen. Ein prüfungsähnlicher Charakter (z.B. durch die Möglichkeit, über Fragen und Antworten den eigenen Lernstand einschätzen zu können) reicht aus.
Das ist eine Entscheidung für diesen einen Fall. Sie ist richtungsweisend für etwaige weitere Entscheidungen. Daher macht es Sinn – wenn man keine ZFU-Zulassung anstreben möchte – seine Kurs- und Coachingstruktur entsprechend anzupassen.
Und nun blicken wir zu 2) Die unsichere Ebene:
Aufgrund der Tatsache, dass es bislang wenig Entscheidungen zu Online-(Coaching-)Angeboten gibt, gibt es viele Fragen ohne eine gerichtliche Antwort. In der Zukunft wird es also immer mal wieder folgende Situation geben:
- Jemand strengt eine Klage zu einem Online-(Coaching-)Angebot an.
- Es gibt dazu noch keine Entscheidung in einem Fall, der genau so ist.
- Der Kläger nimmt sich ein Gesetz (z.B. das Fernunterrichtsschutzgesetz) und erklärt: „Es ist zwar nicht genau so, wie es im Gesetz steht, aber so ähnlich und deswegen wenden wir es an.“
Unsere Interpretation zu 2) Die unsichere Ebene:
Es bleibt abzuwarten, an welchen Stellen dann die Gerichte dieser Argumentation folgen oder nicht.
Ein Restrisiko bleibt also immer,
- weil Vieles noch nicht entschieden ist
- weil dein Angebot nie zu 100% mit dem Angebot übereinstimmen wird, was bereits entschieden wurde.
Und das erklärt auch, warum eine Anwaltsantwort „Das kommt darauf an!“ nicht zwingend ein Herausreden ist, sondern genau das sagt, was gemeint ist: „Da müssen wir viel tiefer in die Details Ihres Angebotes schauen und es mit bestehenden gerichtlichen Entscheidungen und möglicherweise anwendbaren Gesetzen abgleichen, um eine Idee dafür zu bekommen, was ein Gericht entscheiden könnte.“
Ihr merkt schon an der Wortwahl, dass es aufgrund der Zukunftsperspektive eben nicht vorhersagbar ist, sondern immer einen Unsicherheitsfaktor beinhaltet.
(Edit 20.12. Inzwischen sind weitere Urteile gesprochen. Manche final. Andere liegen zur Überprüfung bei einer höheren Instanz. Deutlich geworden ist zwischen März und Dezember 2023: Vieles, was in der Online-Coaching-Welt als „normal“ angesehen wurde, wird auf dem, Prüfstand sein. Es ist wichtig sich umfassend zu informieren, um die richtigen Entscheidungen zu treffen.)
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